Was tun, wenn Engagierte angefeindet und bedroht werden?
Im Projekt „Zivilgesellschaft stärken und schützen“ arbeitet die Aktion Zivilcourage e.V. mit zehn Partnerkommunen zusammen, in denen zivilgesellschaftliche Akteure von Anfeindungen und Bedrohungen betroffen sind. Die Partner reichen von der Großstadt bis zum dörflichen Flächenlandkreis und erstrecken sich von Baden-Württemberg bis Niedersachsen und von Mecklenburg-Vorpommern bis Sachsen und Thüringen über ganz Deutschland. Zum Jahresende legt das Projektteam nun seine Lageberichte zu den jeweiligen Bedrohungssituationen vor.
Erst die Analyse, dann die Maßnahme!
Diese Berichte entstehen für jede Partnerstadt / -landkreis auf Basis von Interviews mit Betroffenen, Expert:innen und Multiplikator:innen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Verwaltung und Polizei. Es wird abgefragt, wie das zivilgesellschaftliche Netzwerk aussieht, welche Vorkommnisse bekannt sind, was bereits an Unterstützungsangeboten verfügbar ist und was sich die Betroffenen wünschen. Es zeigt sich, dass die Bedrohungslagen gegen Engagierte sehr vielfältig sein können, z. B:
- Rechtsextreme Parteien und Kameradschaften, die gezielt Personen und Vereine bedrohen und Stärke demonstrieren
- Extreme „alternative Medien“, welche Hass und Fake News verbreiten
- Völkische Siedler, Prepperszene und Reichsbürger, die vor allem in kleineren Orten das Dorfleben aufmischen
- Delegitimierung von Demokratieakteuren durch rechtspopulistische Akteure in politischen Gremien
- Ländliche Räume, in denen Aktive sich als Einzelkämpfer alleingelassen fühlen
- Sachbeschädigungen und Vandalismus gegen Vereinshäuser und Privatwohnungen
Auch der Umgang damit und die vorhandenen Unterstützungsstrukturen sind zwischen den einzelnen Partnerkommunen sehr unterschiedlich. Oft reichen die kommunalen Ressourcen leider nicht aus, um den Problemen Herr zu werden. Gelegentlich fehlt es z.B. an einer Problemwahrnehmung oder an einer Zusammenarbeit zwischen politisch Verantwortlichen und Zivilgesellschaft.
Vernetzt handeln!
Deshalb besteht ein zentrales Anliegen des Projektes darin, die lokalen Akteure besser zu vernetzen oder in ihrer vernetzten Arbeit gut zu begleiten. Deshalb werden die Lageberichte in den Steuerungsrunden der Kommunen vorgestellt und diskutiert. Dreh- und Angelpunkt der Steuerungsrunde ist immer die jeweilige Partnerschaft für Demokratie. Weitere Akteure sind etwa politisch Verantwortungstragende (Landrät:innen, Bürgermeister:innen), Verwaltungsmitarbeiter:innen, Vertreter:innen der Zivilgesellschaft und lokale Beratungsstrukturen (mobile Beratung, Betroffenenberatung).
Die Herausforderung besteht für 2023 nun darin, aus den Berichten im Folgenden Handlungsfelder abzuleiten, Wirkungsschwerpunkte festzulegen und konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Das Projekt moderiert diesen Prozess, sucht den Interessensausgleich zwischen den Beteiligten und deren Wünschen und berät die lokalen Projektpartner. Dabei ist es wichtig, dass sowohl hinsichtlich des Prozesses als auch bzgl. der zu erarbeitenden Maßnahmen größtmögliche Verantwortlichkeit bei den Personen vor Ort liegt. Es zeigt sich bereits jetzt, dass es sehr viel Motivation gibt, das Thema Bedrohungslagen anzupacken:
- Engagierte Entscheidungsträger:innen in Polizei, Verwaltung und Politik, die Thema ernst nehmen und etwas bewegen wollen
- Mutige, engagierte Zivilgesellschaft vor Ort trotzt der schwierigen gesellschaftlichen Gemengelage und den Bedrohungssituationen
- Neue Allianzen: Hoher Leidensdruck der Zivilgesellschaft vor Ort & aktuelle Erfahrungen der Lokalpolitik und Verwaltung mit gesellschaftlicher Radikalisierung führen zu neuer Zusammenarbeit
- Jahrelange Vernetzung und vertrauensvolle Beziehungen innerhalb und zwischen Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Sicherheitsbehörden gibt es bereits an mehreren Orten
- Hohe Fach- und Regionalexpertise der lokalen Beratungsstrukturen (mobile Beratungsteams und Betroffenenberatung) ermöglicht zielgerichtetes Handeln