Die medizinische Versorgung in der tschechisch-deutschen Grenzregion: diesem Thema widmete sich die Debatte in seiner letzten Ausgabe vom 25.11.2021 in einem digitalen, simultan gedolmetschten Diskussionsformat mit tschechischen und deutschen Fachexperten.
Im tschechisch-deutschen Grenzraum sind das grenzüberschreitende Wandern, Einkaufen, Sport treiben und die gegenseitige Besuche Alltag der länderübergreifenden Beziehungen. Das Format "Couragiert debattiert – Nachbarschaftsgespräche" widmet sich dieser Freundschaft und bietet bilinguale Gesprächs- und Diskussionsformate zu aktuellen Themen an, um die tschechisch-deutschen Beziehungen fortwährend zu stärken.
Ein Rückblick: Medizinische Versorgung im Grenzgebiet
Bei der letzten Debatte am 25.11.2021 diskutierten insgesamt über 40 Teilnehmende mit den geladenen Experten Bernd Brenner, Facharzt und ärztliche Leitung des Rettungsdienstes im Landkreis Görlitz, Petr Severa, Referatsleiter für Gesundheitswesen am Bezirksamt Ústí sowie Pavel Šebesta, Leiter der Medizinischen Leitstelle des Rettungsdienstes des Bezirks Ústí. Dabei wurde hervorgehoben, dass die Strukturen der Rettungsdienste auf beiden Seiten der Grenze sehr unterschiedlich sind. Die Unterschiedlichkeit spiegelt sich auch in gesetzlichen Vorgaben wider: so beträgt die Hilfsfrist, also das Ausrücken der Rettungsdienste bis zum Ankommen am Unfallort, in Sachsen 12 Minuten, während die Frist in Tschechien 20 Minuten beträgt.
Doch wie sehen die aktuellen Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit aus?
Seit 2014 gibt es einen Rahmenvertrag zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik im Rettungswesen, darüber hinaus noch die Vereinbarung zwischen den Bezirken Ústí, Karlsbad, Liberec und Sachsen. Diese Vereinbarung regelt den Fall, dass man im Nachbarland ein Hilfeersuchen stellen kann, sofern ein Rettungsdienst keine ausreichenden Kapazitäten hat. In der Wirklichkeit, so erzählt Herr Brenner, sei dies in seinen 10 Jahren als Notarzt in der Region Görlitz aber noch kein einziges Mal vorgekommen. Bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten gehe es auch nicht um das nächstgelegene Krankenhaus, sondern um die nächste Klinik im eigenen Land - was anderes gebe das Abkommen rechtlich nicht her.
Bayern geht mit gutem Beispiel voran
In Bayern scheint die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Nachbarn besser zu funktionieren. Während in Sachsen noch zwischen den tschechischen und sächsischen Leitstellen das Faxgerät bemüht wird, wird in Bayern die Software "Babylon" genutzt. Das System verbindet verschiedene Leitstellen im Gelände und baut Sprachbarrieren ab. Auch wenn die Besatzung des Rettungswagens die jeweils andere Sprache nicht spricht, ist im Vorfeld abgeklärt, in welches Krankenhaus der Patient oder die Patientin eingeliefert wird.
Der Prozess in Sachsen dauert an
Bei der Debatte wird deutlich: Die Politik muss ran. Um eine tiefere und funktionierende Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen, müssen gesetzliche Grundlagen verändert und mehr Digitalisierung herbeigeführt werden. Schließlich geht es hier um das Wohlergehen von Patientinnen und Patienten, die aus unterschiedlichen Gründen medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Am Ende der zweistündigen Debatte war klar: Der Wille zur Veränderung ist auf beiden Seiten der Grenze da. Die Prozesse zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind schon in Bewegung - nur um diese zu beschleunigen und die konkrete Bedarfe von der Basis zu berücksichtigen, muss das Anliegen stärker an die Politik herangetragen werden.
Ausblick Kontakt für Rückfragen
Im Jahr 2022 sind erneut zwei bilinguale Debattenformate geplant. Mehr Informationen folgen dazu auf unseren Kanälen.
Für Fragen zum Projekt und zum Debattenabend stehen Ihnen Markéta Knoppik unter:
m.knoppik@aktion-zivilcourage.de und Andreas Tietze unter a.tietze@aktion-zivilcourage.de und unter 03501 460882 zur Seite.